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 Melanie

 Nachdem mir ein Gynäkologe prophezeit hatte, dass ich niemals  Kinder haben  würde, war mein erstes Kind   ein medizinisches Wunder, jedenfalls für mich.

Ich bekam Sie im Oktober 1992, und war der glücklichste Mensch unter der Sonne. Die Schwangerschaft verlief in ruhigen Bahnen, und ich freute mich einfach über meinen dicken Bauch.

Ich wollte mein Kind auch sehr gerne stillen, doch die diensthabende Hebamme  verbot mir das einfach mit der Begründung, ich würde mich nicht gesund genug ernähren  und schließlich auch noch rauchen.

Heute  sehe ich den Fehler auch bei mir, ich hätte mich heftiger wehren sollen. Die Zeit nach der Geburt ist mir heute noch als eine der glücklichsten und unbeschwertesten Zeiten im Gedächtnis die ich je in meinem Leben erlebt habe.

mein Kind hatte die schönsten Augen auf Erden und ihre Glatze stand ihr besonders gut.

Ich steckte sie in die schönsten Strampler die ich finden konnte und ging jeden Tag, ganz stolze Mutter, mit Ihr spazieren.

Als meine Eltern zur Kur mussten erklärte ich mich bereit, das Haus und meinen kleinen Bruder, damals 15 Jahre alt zu hüten.

 

Zuerst lief alles glatt, mein Bruder besuchte Vormittags die Schule und ich kümmerte mich um den Haushalt und die Hunde meiner Eltern.

Zum Wochenende fuhren wir gemeinsam zu meiner Wohnung, um das Wochenende dort zu verbringen.

Als wir wieder abfuhren, wollte ich mich mit der Kleinen von meinem Freund verabschieden, doch er konnte die Tür nicht aufmachen, er sass in der Badewanne.

So fuhren wir ohne Verabschiedung

Wir ahnten nicht, dass er die Kleine nie wiedersehen würde

Ich ahnte auch nicht, dass  weder ich , noch mein Kind unsere Wohnung je wieder betreten sollten.

Am Abend als ich Melanie in meinem alten Mädchenzimmer zu Bett gebracht hatte , war ich fix und fertig. Ich hörte sie weinen und wollte noch fünf Minuten abwarten ob sie sich wieder beruhigen würde,

In eben diesen fünf Minuten schlief ich auf der Couch tief und fest ein und erwachte erst wieder kurz vor 1:00 Uhr nachts. Als ich ins Zimmer kam bemerkte ich sofort dass etwas nicht stimmte, ich hatte ein ganz furchtbares Gefühl im Magen und es lief mir eiskalt den Rücken hinunter. Ich ging sofort zum Bettchen, Melanie war völlig unter der Bettdecke verschwunden und ich sah sie nicht atmen, in dem Moment, in dem ich sie hochhob fing ich an zu schreien.

Ich schrie so laut, dass innerhalb kürzester Zeit das ganze Dorf auf unserem Hof versammelt stand. Mein Kind war schon steif als ich es fand, aber ich wollte es nicht gehen lassen, nicht ohne alles zu tun was ich je gelernt hatte, ich glaube ich habe gedacht meine Liebe könnte den Tod besiegen. Ich fasste mich schnell, schaltete das Gefühl aus und fing an zu funktionieren.

Ich nahm mein Kind auf den Arm , weckte meinen Bruder und wies Ihn an, den Notarzt zu rufen ,  während ich mein Kind auf den Küchentisch legte und begann es zu reanimieren. Ich beatmete Sie und massierte immer wieder Ihr kleines Herz, und hörte nicht auf bis der Notarzt übernahm. Ich wurde hinausgeschickt und wunderte mich zuerst über die vielen Menschen im Hof und mittlerweile auch im Haus.

Aber ich hatte noch was zu erledigen, ich durfte nicht aufhören zu hoffen. Mir konnte soetwas nicht geschehn, nein, soetwas geschah nur anderen, un d ich hatte auch fast immer alles richtig gemacht, bis auf ein paar Kleinigkeiten war ich mir sicher, also, konnte das nicht mir passieren.

Nach einer halben Stunde kam der Notarzt heraus und bestätigte meine schlimmsten Befürchtungen mit dem Satz:” Sie wussten doch schon dass es tot ist, bevor Sie angerufen haben, ich  gebe Ihnen jetzt eine Spritze und dann können Sie rein.”

Ich wollte keine Spritze. Ich weiss nicht woher Sie auf einmal kam aber plötzlich stand meine Schwester neben mir und hielt mich im Arm,, wahrscheinlich hatte mein Bruder sie angerufen.

Der Arzt bestand auf seiner Spritze, aber ich wollte keine, das ganze schaukelte sich hoch , bis meine Schwester diesen Arzt in seine Schranken verwies. Nun konnte ich ohne Spritze zu meinem Kind, dass mittlerweile von meinem Onkel sogar notgetauft worden war, damit es beerdigt werden konnte.

Ich war immernoch wie taub, dachte ich würde gleich aus einem widerlichen Traum wach werden, aber dem war nicht so.

Relativ teilnahmslos benachrichtigte ich meine Eltern, meinen Freund und den Rest der Verwandtschaft.

Als meine Mutter hereinkam, war meine Selbstbeherrschung vorbei, ich brach zusammen und weiss ab hier nicht mehr viel. Bis zur Beerdigung war ich noch ein paarmal in der Leichenhalle, um mein Kind zu sehen, Ihr noch einige Dinge zu bringen wie einen Schnuller, Ihre Spieluhr und ein Halskettchen von mir. ich schmückte auch ihren Sarg noch mit Gänseblümchen  aus und gab Ihr ein Nachtlicht mit.

Mein  Kind  wurde  sieben  Monate  alt, und  starb    am 10. Mai 1993 in der Nacht um 10:30 Uhr.

Dieser Tag war weiss Gott der schwärzeste in meinem ganzen Leben. Den Schmerz, den ich sogar körperlich verspürte , kann man mit Fug und Recht als reißendend  bezeichnen, da er mir das Herz und die Seele herausreißen wollte.

Ich war eine ganze Zeit wie betäubt und hatte nur immer wieder mein totes Kind vor Augen wie es, steif die Ärmchen nach oben gereckt und noch mit Tränen im Gesichtchen auf dem Küchentisch vor mir lag. Dieses Bild sehe ich noch heute, zehn Jahre später in meinen Träumen.

Ich hatte Beruhigungsmittel bekommen, die mir mein Hausarzt verordnet hatte, nahm nur noch Zigaretten und Kaffe zu mir und magerte innerhalb von zwei Wochen von 52 Kilo auf 38 Kilo ab.

Langsam, ganz langsam wachte ich aus dem Tranceartigen Zustand auf,dieser Prozess dauerte Jahre, und ist immer noch nicht ganz abgeschlossen. Zu behaupten ich hätte es verarbeitet, verkraftet, wäre mit dem Thema fertig wäre falsch.

Man kann lernen damit zu leben, Tatsachen zu akzeptieren und  versuchen, dem Leben noch ein paar gute Seiten abzugewinnen.

Ohne das Kind leben gelernt habe ich nie, sie ist immer bei mir, in meinem Herzen und in meinem Leben, Ich habe :

    - eine Familie, die mich immer wieder aus den Depressionen geholt hat, auch ohne Medikamente, 

    -einen Mann, der niemals die Geduld verliert,

    -Freunde die sich rührend um mich gekümmert haben auch heute noch kümmern

     -und letztendlich eine wundervolle zweite Tochter, die mir einen Sinn gegeben hat fürs weiterleben.

Ich bin heute soweit sagen zu können ich kann wieder aus ganzem Herzen lachen, ich kann fröhlich sein und das Leben genießen.

Ich kann lieben und darf geliebt werden, und ich kann sogar andere glücklich machen.

war ich vor meinem ersten Kind ein oberflächlicher Mensch gewesen, so hat mich mein Kind eins gelehrt:

Genieße jeden Tag, schau dir alles ganz genau an, und sieh das Detail, sei über jeden Moment froh , den Du erleben darfst, denn Dein Kind erlebt alles mit.

Und irgendwann, da bin ich mir ganz sicher sehe ich sie wieder, und dann wird sie mich fragen, ob sie stolz auf mich sein kann, und ich will ja sagen können.

elfe15